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Zukunft braucht Herkunft – der Spagat, Traditionsmarken in die Zukunft zu führen

Christian Köhler, Hauptgeschäftsführer Markenverband e.V., über die Herausforderung und Chancen, Traditionsmarken generationenübergreifend erfolgreich zu gestalten.

Die Digitalisierung und ihre Auswirkungen sind in den vergangenen Jahren zu unserem täglichen Begleiter geworden. Sie breiten sich auch weiterhin im Leben der Menschen immer stärker aus, auch was die Welt der Marken angeht. Jeder spricht über die großen Gewinner der vergangenen Jahre wie Alphabet, Amazon, Apple oder Netflix. Erfreulich ist, dass auch viele traditionelle Hersteller und Marken im Premium- und Luxussegment weiterhin begehrt und erfolgreich sind. Ob Burberry, Cartier, Tiffany, Louis Vuitton, Montblanc, Rolls-Royce, um nur einige zu nennen. Ob z.B. bei Uhren, in der Mode, bei Schmuck und Accessoires, bei Lederwaren oder Automobilen – zahlreiche Traditionsmarken begleiten uns seit Jahrzehnten durch den Alltag. Sie genießen auch heute noch viel Zuspruch und Relevanz im Alltag der Verbraucher und begeistern immer neue Kundengenerationen.

Wie, so werden wir oft gefragt, gelingt aus Sicht des Markenverbandes der Spagat zwischen Tradition und Moderne? Aus vielen Gesprächen haben wir dazu eine ganz klare Überzeugung: Marken sind über die Jahrzehnte dann erfolgreich, wenn sie immer ihrem Markenkern treu geblieben sind und gleichzeitig stets darauf geachtet haben, sich zur Erfüllung ihres Markenversprechens an den jeweils aktuellen Bedürfnissen der Kunden bestmöglich ausgerichtet zu haben. Das gilt für alle Branchen und unabhängig davon, wie groß und breit eine Marke oder ein Unternehmen aufgestellt ist.

Im Einzelnen sehen wir besonders drei Faktoren als ausschlaggebend an:

1. Pflege und Förderung einer starken Identität

Eine starke Identität darf als eine der maßgeblichen Voraussetzung für einen langfristigen, generationenübergreifenden Erfolg gelten. So wie Menschen ohne Identität in aller Regel suspekt sind und man ihnen nicht vertraut, so verhält sich das auch mit Marken. Starke Gründerpersönlichkeiten mit einer klaren Identität, Vision und Vorstellung prägen Luxusmarken in vielen Fällen nachhaltig. Da ist beispielsweise Coco Chanel, die Anfang des 20. Jahrhunderts die Wegbereiterin einer revolutionären, funktionellen Damenmode mit wadenlangem Rock oder luftiger Hose und Kurzhaarschnitt für selbstbewusste, moderne Frauen war. Das Beste oder nichts! Dieses in einen Türstein gemeißelte Leitmotiv von Gottlieb Daimler ist auch ein Zeichen für Prinzipientreue, Zielorientierung und Kompromisslosigkeit. Als die Traditionsmarke mit diesem Slogan im Jahre 2010 eine Kommunikationsoffensive startete, um an alte Grundsätze anzuknüpfen, war dies ein Grundstein, um den Stern aus Untertürkheim auf den Straßen wieder zum Erfolg zu führen.

2. Mit „offenem Visier“ in die Zukunft

Traditionsmarken, die in der zunehmend digitalen Welt weiterhin relevant sind, bleiben neugierig, denken jung und bleiben stets innovativ. Ein gutes Beispiel für gelebte Tradition bei gleichzeitiger Innovation ist die am Tegernsee ansässige Büttenpapierfabrik Gmund, deren Geschäfte auf das Jahr 1829 zurückgehen. Ob edle Weihnachtsgrüße, das Papier für die Oscar-Verleihung oder Einladungskarten für Marissa Mayer, die sonst angeblich völlig papierlos lebt. Aller Branchenentwicklung zum Trotz verzeichnet Gmund auch heute noch jährlich zweistellige Zuwachsraten.

3. Fokussierung auf Kundenbedürfnisse

Es zeigt sich immer wieder, dass Marken, die sich ohne Wenn und Aber an den Bedürfnissen ihrer Kunden orientieren, langfristig erfolgreich bleiben. Rolls-Royce steht beispielsweise für ein Prinzip, mit dem es der Luxusmarke gelungen ist, in den vergangenen Jahren Verkaufsrekorde zu erzielen: Jedes Auto ist individuell, eigentlich gibt es nur Einzelstücke. Damit ist es gelungen, mittlerweile eine vergleichsweise junge Kundschaft zu gewinnen. Wie der CEO der Rolls-Royce Gruppe, Torsten Müller-Ötvös, kürzlich in einem Interview sagte, sind fast alle Kunden erfolgreiche Unternehmer oder Persönlichkeiten, die im Showgeschäft aktiv sind oder aus der neuen Generation der Internet-Unternehmer.

Fazit: Traditionsmarken, das heißt Marken mit einer starken Historie und Herkunft, sind für Konsumenten nach wie vor wichtig und sie haben die Möglichkeit, mit der Käuferschicht der Millenials weiter an Relevanz zu gewinnen. Digitale Verknüpfungen im Sinne von Portfolioerweiterung, gezielte Kundenansprache und eigene Vertriebskanäle können dabei helfen, solche Marken global zu vermarkten, die von ihrem Anspruch her kleinere, ausgesuchte Zielgruppen ansprechen wollen.

Autor: Christian Köhler, Hauptgeschäftsführer Markenverband e.V.