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ODEEH: Im Interview mit Jörg Ehrlich

Jörg Ehrlich gründete 2009 gemeinsam mit Otto Drögsler die Marke ODEEH, die in der Modebranche für die rar gewordene Atelier-Tradition im HighEnd Segment steht.

1. ODEEH bewegt sich im HighEnd Segment des Marktes und steht für die heute sehr selten gewordene Atelierstradition. Was macht diese Tradition aus?

Wir beide sind ja bekanntermaßen schon etwas länger in der Branche und kennen aus eigener Erfahrung noch Zeiten, in denen man ohne die heutigen unverzichtbaren Hilfsmittel auch vieles bewerkstelligen konnte. Die Art der Ausbildung, wie sie heutige Mode-Designer erfahren, hat nur noch annähernd mit den Prozessen zu tun, die wir zu Beginn unserer Laufbahn kennenlernen und erfahren durften.

Wir blicken hier an keiner Stelle nostalgisch zurück, aber fühlen dennoch eine gewisse Verpflichtung, einige dieser Herangehensweisen weiter zu pflegen und auch zu vermitteln.
Atelier bedeutet für uns insbesondere der direkte manuelle Umgang mit Stoffen und Haptiken, sozusagen das zeichnerische „Erfinden“ eines neuen Modells und die Umsetzung in unserem Atelier, unmittelbar angeschlossen an das Design-Atelier.

Design ist ja nie nur zeichnerischer Entwurf, sondern ein sehr vielstufiger Prozess, der in allen Stufen begleitet werden sollte. Viele dieser kleinen Schritte und Stufen sind in anderen Unternehmen mittlerweile ausgelagert, outgesourct. Und oft eben nicht zum Vorteil für die Produkte.

Uns ist es wichtig, diese, unsere Möglichkeiten noch zu haben und zu pflegen. Das kostet Geld, es ginge sicher auch einfacher an der einen oder anderen Stelle. Aber: Wir wissen und bauen darauf, dass auf unserer Methodik eben genau unsere spezifische Art der Qualität und des Designprozesses beruht.


2. Wie würden Sie die DNA Ihrer Marke beschreiben?

Die Pflege der eigenen DNA ist ja immer eine große Herausforderung, besonders und gerade in unserem Bereich der Mode. Warum? Weil es immer darum geht, Balance zu halten zwischen einem notwendigen Wandel und einer Kontinuität, die ja idealerweise dazu führt, dass man erkennbar und beschreibbar wird und bleibt.

Unser Ansatz hier ist immer: Überraschend sein, mit Gegensätzlichkeiten arbeiten, die sich dann zu einer ODEEH-artigen Stilistik entwickeln. Unerwartet bleiben. Konträre Stofflichkeiten, unterschiedliche Dessinierungen in einen Kontext zu bringen, den man auf den ersten Blick nicht denken würde. Stofflich überraschendes tun.

Das alles in Verbindung mit einer Modell-Stilistik, die ausgleichend wirkt und in einem spannenden Kontext steht. Das reizt uns. Die DNA unserer Kundinnen sollte immer vor allem Neugierde, Offenheit, Intelligenz und Toleranz beinhalten. Dies alles ist vielleicht hilfreich dafür, wenn man mit unserem oft komplexen Ansatz gut umgehen will.

3. Corona hat viel verändert. Sicherlich auch, was Kleidung angeht. Daher unsere Frage: Was braucht Mode aktuell besonders?

Das ist eine große Frage, auf die wir nur für uns den Versuch einer Antwort geben können. Denn das gute, tolle an Mode ist ja heute, dass sie sozusagen “Vieles“ ist oder sein darf. Und das ist auch gut so. Und die allgemeine Antwort wäre vielleicht: Mode braucht nichts, Mode kann bestenfalls etwas.

Für uns gesprochen: Mode, besser gesagt unsere Stilistik sollte mutig sein, Persönlichkeiten behilflich sein. Hilfestellung bieten, damit man gesehen wird. Manches Mal etwas lauter, auch mal leiser sein, je nach Stimmung. Das, was wir sicher nicht sein wollen: beliebig, langweilig oder belanglos.

4. In der Modebranche hat sich in den vergangenen Jahren ein Paradigmenwechsel vollzogen. Die textile Modeindustrie bietet Accessoires zur Angebotsabrundung und Accessoires, die textile Mode promoten. Welche Pläne haben Sie in Richtung strategische Partnerschaften in neuen Segmenten?

Wir sind hier extrem offen. Und gleichzeitig sehr wählerisch und sensibel im Umgang mit dem, was wir in den letzten 14 Jahren aufgebaut haben. Sehr wohl wissend um die oft verführerischen Angebote und Möglichkeiten, die man uns offeriert, sind wir erfahrungsgemäß sehr vorsichtig im konkreten Umgang mit entsprechenden Angeboten.

Wir waren ab 2017 für fast 3 Jahre mit der Kreativ-Direktion der Porzellanmanufaktur Meissen betraut und betrachten dieses Projekt im Rückblick als extrem passend für unsere Marke. Solche temporären Möglichkeiten gefallen uns, unser Grundverständnis von Luxus ist hier gespiegelt. Und klar: Wir sind offen für vieles, was zu uns passen kann. Aber gleichzeitig sehr vorsichtig und ODEEH-beschützend unterwegs.