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Die Geheimnisse der Luxusmarken: Wahrnehmung und Wirkung

Im Rahmen des Themenkomplex „The Creation of the Extraordinary – Perspectives on Luxury“ widmet sich Dr. Hannes Gurzki, Experte für Luxusmarkenmanagement und Adjunct Professor an der International University of Monaco sowie Gewinner des 21. Wissenschaftspreises des Markenverbandes, im 2. Teil den „Geheimnissen der Luxusmarken: Wahrnehmung und Wirkung“.

Luxus fasziniert uns seit Jahrtausenden. Doch was genau macht diese Luxuswahrnehmung und -wirkung aus? Wie erzeugen wir Begehrlichkeit für unsere Marke und was kreiert einen außergewöhnlichen Wert für unsere Kunden? Im Kern ist Luxus etwas Außergewöhnliches, das Begehrlichkeit erzeugt. Zwar ist Luxus letztendlich immer individuell, jedoch gibt es dennoch gemeinsame Faktoren, die unser kollektives Luxusverständnis prägen und individuelle Mechanismen, die diese Luxuswahrnehmung beeinflussen.

Die zugrunde liegenden Mechanismen von Luxus folgen klaren Regeln. Drei Perspektiven helfen uns, diese Mechanismen besser zu verstehen. Die kulturelle Perspektive gibt Einblicke in die Bedeutung von Luxus. Marken nutzen häufig kulturelle Werte, Geschichten und Mythen, um eine nahezu magische Aura zu gestalten, die zur kollektiven Begehrlichkeit beiträgt. Die soziale Perspektive betrachtet die Möglichkeit von Luxus, durch Exklusivität sozialen Status und korrespondierende soziale Vorteile zu erzeugen. Die individuelle Perspektive betrachtet die besonderen Gefühle, die Luxus bei Konsumenten erzeugen kann. Hierbei spielen insbesondere die erlebten Emotionen, beispielsweise durch die Intensität des Genusses eines Luxuserlebnisses und der Beitrag der Marke zur Ausgestaltung der eigenen Persönlichkeit eine große Rolle.

Doch wie erzeugen nun Marken einzigartige Gefühle bei unseren Zielgruppen? Welche Fantasien und Träume verkörpern sie in ihren Geschichten? Unsere Studie zur Markenkommunikation von Luxusmarken zeigt, dass diese in ihrer Werbung drei Prinzipien systematisch nutzen: Anreicherung, Distanzierung und Abstraktion. Hierbei unterscheiden sie sich deutlich von Massen- und Premiummarken.

Die Prinzipien der Luxusmarkenkommunikation

Das Prinzip der Anreicherung. Luxusmarken nutzen Anreicherung, beispielsweise durch Symbolik oder das Erzählen von Geschichten häufiger als andere Marken, um Konsumenten in die Welt ihrer Träume und Wünsche zu transportieren. Im Gegensatz zu Nicht-Luxusmarken positionieren sich Luxusmarken meist in einer außergewöhnlichen Welt. Dies sind besondere Orte, häufig mit Signifikanz für die Markengeschichte und besondere Erlebnisse, die durch den Reichtum an Zeichen kontextualisiert und mit Bedeutung aufgeladen werden.

Das Prinzip der Distanzierung. Die erzeugte außergewöhnliche Welt trägt dazu bei, Luxusmarken vom Gewöhnlichen zu distanzieren. Hierbei nutzen die Marken verschiedene Prinzipien wie die soziale Distanzierung. Während Premiummarken häufig auf bekannte Statussymbole wie schnelle Autos oder Hubschrauber referenzieren, können Luxusmarken sogar ins Groteske oder Fiktive gehen, um eine soziale Distanz zu erschaffen. Darüber hinaus nutzen Luxusmarken zeitliche und räumliche Distanzierung. Hierbei werden die Produkte in einer anderen Zeit oder an einem anderen Ort inszeniert. Dies kann ein symbolischer Ort mit Bezug zur Markengeschichte sein oder sogar ein abstrakter und fiktiver Raum, der dazu dient, das Luxusobjekt als Kunstwerk zu präsentieren, in einer Welt, die sich oft den realen Restriktionen unseres alltäglichen Lebens entzieht. Zuletzt verwenden Luxusmarken hypothetische Distanzierung. Luxusmarken schaffen Situationen, die kaum oder gar nicht vorstellbar sind. Eine Werbung der Marke Hermès zeigt beispielsweise eine Frau, die in der Pariser Innenstadt mit einem Pferd lebt. Das Pferd, ein Schlüsselsymbol für Hermès, das auf die Tradition der Sattlerei anspielt, wird als treuer Begleiter dargestellt. Diese Bilder laden ein, eigene Assoziationen zu bilden und diese einzigartige Geschichte selbst weiterzuerzählen.

Das Prinzip der Abstraktion. Luxusmarken entführen Konsumenten in ihrer Werbung oft in eine fiktive Welt. Das Prinzip der Abstraktion deutet an, auf wie vielen Interpretationsebenen die Vielschichtigkeit einer Kampagne gelesen werden kann. In den meisten Anzeigen von Nicht-Luxusmarken sehen wir die Produkte, die wir kaufen im Vordergrund – das Kleid, die Tasche, der Look, der Lifestyle. In der Kommunikation von Luxusmarken sind diese Produkte oft nur ein kleiner Teil der Geschichte. Die Anzeigen von Luxusmarken werfen häufig Fragen auf und laden die Betrachter ein, selbst einen aktiven Part in der Narration zu übernehmen und ihre persönliche Sichtweise einzubringen. Diese kann auch auf substanziellere Fragen verweisen. Ein Beispiel dafür ist das Bild eines Baumes und eines Schmetterlings, der durch ein Hermès-Tuch angedeutet wird. Der Schmetterling als zerbrechliches und kurzlebiges Tier, das kontrastiert wird mit einem starken und beständigen Baum. Es entwickeln sich Diskurse zwischen Beständigkeit und Vergänglichkeit, zwischen Kultur und Natur, zwischen Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft. Um Begehrlichkeit zu erzeugen, laden Luxusmarken Konsumenten zum Träumen ein und nehmen sie mit auf eine Reise der eigenen Vorstellungskraft, in der sie ihre Fantasien auf die Marke und ihre Produkte projizieren können. Dies erzeugt eine bleibende Geschichte in den Köpfen der Verbraucher und das Produkt wird zu etwas, das Teil der eigenen Geschichte wird.

Die Wirkung von Luxus

Wenn alle Prinzipien der Erzeugung von Begehrlichkeit zusammenspielen, entsteht eine hohe Wertwahrnehmung beim Kunden, die eine höhere Zahlungsbereitschaft erzeugen kann. Luxus hat einen hohen Wert und Preis. Doch ein hoher Preis allein ist noch kein Luxus und vor allem kein nachhaltiges Geschäftsmodell. Erfolgreicher Luxus ist weit mehr als nur ein hoher Preis. Zwar kann auch ein hoher Preis Status erzeugen, was Luxusmarken jedoch zuerst beherrschen müssen, ist die Erschaffung von etwas Außergewöhnlichem. Dieses Außergewöhnliche lebt vor allem in den Geschichten, die die Marken uns erzählen und mit denen wir als Konsumenten in einen Dialog treten, um selbst Teil der Geschichte werden zu können. Anreicherung und Distanzierung, vor allem hypothetische Distanzierung und Abstraktion sind die Zutaten für dieses Erfolgsrezept.