Close

LUXUS post CORONA

LUXUS post CORONA – Über die neue Sinnsuche, Nachhaltigkeit als Status-Symbol, Vintage/Resale Revival und Elevated Essentialism von Petra Winter, Gesellschafterin und Editorial Director von MADAME und MONSIEUR

Das, was Menschen als Luxus empfinden, ist – um einen gerade etwas überstrapazierten Begriff zu benutzen – höchst divers. Die eine versteht darunter eine Designer-Handtasche, der andere Zeit mit der Familie oder einen sicheren Arbeitsplatz. Faktoren wie Alter, soziale Schicht und Geschlecht spielen eine große Rolle bei den Antworten auf die Frage nach dem, was individuell als Luxus definiert wird. Griff ehemals „Distinktion“ und die Definition von Luxus als das „Nicht-Notwendige“ („Luxus ist das Bedürfnis, das aufkommt, wenn für die wahren Bedürfnisse des Lebens gesorgt ist.“ Coco Chanel), bleibt man heute auf der Suche nach einem gemeinsamen Nenner erfolglos.

In der Gruppe der Vermögendsten ist Luxus in den vergangenen Jahren eher leiser als lauter geworden. Man trägt ungern sichtbare Labels, das, was unter der Oberfläche eines Produktes steckt, ist wichtiger geworden als das, was außen sichtbar ist. „Elevated Essentialism“ nennen das Trendforscher („Luxe Digital“: Trends 2021): „Buy less, choose better and make it last!“, um es mit den Worten von Designerin-Ikone Vivienne Westwood zu sagen. Es geht um Investment Pieces mit hohem Wiederverkaufswert statt schnellem Konsum. Gerade Luxus-Uhren-Marken wie Patek Phillipe, Rolex und Audemars Piguet haben in den letzten 14 Monaten glänzende Verkaufszahlen hingelegt, Marken, die im Storytelling Handwerk und Authentizität betonen. Allen gemeinsam ist, dass sie Zeitmesser mit hohem Wiederverkaufswert herstellen, Dinge, die man vererben kann.

Mit dem Konsum ganz bestimmter Luxusprodukte betont ein(e) solche(r) Konsument*in die Zugehörigkeit zu einer highly sophisticated Gemeinschaft, die nach einem Sinn sucht und den Mehrwert für sich und andere bei einer Kaufentscheidung in den Vordergrund rückt. Das vergangene Jahr war ein Brandbeschleuniger in dieser Entwicklung: Die Pandemie wird Nachhaltigkeit, soziales Bewusstsein und Ethik noch bedeutsamer für den Luxuskonsum machen. Menschen wollen verstärkt nicht mehr nur schöne, sondern gleichzeitig gute Dinge konsumieren. Das hat sinngemäß Claudia d’Arpizio in der NZZ gesagt, Mitglied des Global Board und Head of Luxury & Fashion bei Bain & Company in Mailand, und es fasst optimal zusammen, was auch wir während des vergangenen Jahres gelernt haben.

In der Studie „Luxus in Zeiten von Corona“ (© Bauer Media) wurden 1.037 Personen befragt. Überraschend war, dass in der Pandemie ein hochwertiges Auto an die Spitze der Luxus-Wünsche der 16- bis 69-Jährigen geschnellt ist. Und das, obwohl ein eigenes Auto in den vergangenen Jahren schon fast als unanständig galt. Außerdem sind hochwertige technische Geräte ganz oben auf der Luxus-Prioritätenliste. Kein Wunder, haben sie uns doch die Aufrechterhaltung unserer Arbeit im Homeoffice ermöglicht.

Schmerzlich vermisst und als Top-Luxus empfunden, wurden quer durch alle Altersklassen und Einkommensschichten der Besuch von Sportereignissen, bei den jüngeren zudem der Besuch von Bars und Clubs und bei den zusätzlich zu den 1.037 Personen befragten 217 Madame-Leserinnen der analoge Shopping-Bummel post Corona. Der persönliche Kontakt, die besondere Dienstleistung, die Freude ein menschliches Gesicht vor sich zu haben, ein Erlebnis kreieren: All das wird in Zukunft noch wichtiger für alle Luxusmarken werden.

Autorin: Petra Winter führt seit mehr als sieben Jahren die Marken MADAME und MONSIEUR. Seit dem 01.01.2021 gehört die Marke zur Looping Group („Where the art of storytelling meets the science of data“). Petra Winter ist Co-Gesellschafterin.