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Julian Pfitzner im Gespräch

Im Gespräch mit Julian Pfitzner, CEO Hapag-Lloyd Cruises, über das neue Reisenormal, das ungebrochene Vertrauen der Gäste und das ständige Antizipieren von Bedürfnissen der Kunden.

Herr Pfitzner, Sie sind, pandemiebedingt in einer sehr schwierigen Zeit als „Kapitän auf die Brücke“ von Hapag-Lloyd Cruises gekommen. Worin sehen Sie die größten Herausforderungen in der nahen Zukunft?

Julian Pfitzner: Ich bin voller Zuversicht, auch wenn uns die Pandemie und ihre Auswirkungen noch eine Weile begleiten werden. Zunächst geht es weiterhin darum, in dieser neuen Realität einen Rahmen zu gestalten, damit unsere Gäste ihre Zeit an Bord sicher genießen können. Und hier steht dann eines im Vordergrund: Vertrauen bei unseren Gästen und bei unseren Gastgebern an Land aufzubauen.

Ich denke, hier sind wir auf einem sehr guten Weg. In Zusammenarbeit mit Behörden und Experten haben wir ein umfassendes Präventions- und Hygienekonzept erarbeitet, welches eine sichere und genussvolle Reise für alle Personen an Bord gewährleistet. Die Verifizierung des Konzeptes für die Umsetzung an Bord ist durch das unabhängige SGS Institut Fresenius für die HANSEATIC inspiration und EUROPA 2 bereits erfolgreich abgeschlossen. Die HANSEATIC inspiration war sogar das erste Hochseeschiff in Deutschland, welches durch das unabhängige Institut auf den sicheren Umgang mit COVID-19 abschließend überprüft wurde und dieses Zertifikat erhalten hat. Seit unserem Neustart im vergangenen Sommer gehören wir zu den wenigen Anbietern, die fast durchgängig mit einem Teil ihrer Flotte in der neuen Reisenormalität sicher und kontrolliert auf Reisen sind. Das Präventions- und Hygienekonzept ist inzwischen etablierte und gelebte Praxis. Unsere Crew macht einen herausragenden Job. Wir haben bereits sehr viel Erfahrung gewonnen und unsere Maßnahmen kontinuierlich und intensiv weiterentwickelt.

Unsere kleinen Schiffe und die deutlich reduzierte Passagieranzahl bieten bei gleichbleibender Crewgröße ein Crew-Gästeverhältnis von 1:1. Ergänzend zum persönlichen Service ist so noch mehr individueller Raum und Abstand an Bord gegeben.

Das positive Feedback und die sehr hohen Zufriedenheitswerte unserer Gäste bestätigen uns in unserem Vorgehen.

Ganz allgemein bleibt die Entwicklung, national wie international, weiterhin dynamisch, so dass wir kontinuierlich und für jede einzelne geplante Reise in engem Austausch mit lokalen Hafenbehörden und Agenturen stehen. Sukzessive und kontrolliert stechen weitere Schiffe unserer Flotte wieder in See und bieten weitere Reisen an, neben der EUROPA 2, die bereits seit vergangenem Sommer viele Seemeilen gesammelt hat und aktuell Griechenland bereist nun auch seit vergangenem Wochenende unsere HANSEATIC inspiration mit Reisen ab Kiel.

Wagen Sie eine Prognose, ob, und wenn ja, wie sich die Bedürfnisse Ihrer Kunden verändern werden?

Julian Pfitzner: Die Etappen, in denen sich Trends erneuern, werden kürzer. Die Gründe dafür sind vielfältig, liegen zum Beispiel im medialen Zusammenschluss der Welt. Schon beim Bau der EUROPA 2 haben wir uns die Frage gestellt, wohin entwickelt sich der Luxus?

Die Antwort: Luxus wird legerer, jünger, ubiquitärer. Die Trends, die wir bei der Projektierung der EUROPA 2 beobachtet haben, sind heute schon wieder zum Teil ganz andere.

Vielfach hat das einmalige besondere Erlebnis einen viel höheren Stellenwert. Die Aufgabe besteht darin, diesen Wandel zu antizipieren und unsere Produkte aktiv zu gestalten. So sind einzigartige Erlebnisse unsere Spezialität, sowohl auf den Luxusschiffen als auch auf den Expeditionsschiffen. Für den Tourismus wird auch das Thema Nachhaltigkeit eine große Rolle spielen, das tut es heute schon. Die Kreuzfahrtbranche hat in den vergangenen Jahren große Schritte gemacht und für die Zukunft weitere Ziele gesetzt. Mit unserer stark verjüngten Flotte wollen wir auch in diesem Bereich führend sein. Unsere Reisen führen an besondere Orte der Welt, und das funktioniert nur, wenn die Schönheit dieser Orte bewahrt bleibt. Hapag-Lloyd Cruises geht bspw. über die gesetzlichen Anforderungen deutlich hinaus und verzichtet für die gesamte Flotte auf Schweröl und fährt nur mit schwefelarmem Marine Gasöl 0,1 Prozent.

Bei allem, was wir in den vergangenen Monaten an Risiken, Schwierigkeiten und Gefahren erlebt haben: Wo sehen Sie die Chancen und Möglichkeiten, mit neuen Konzepten die Zukunft erfolgreich gestalten zu können?

Julian Pfitzner: Wir haben sehr loyale und langjährige Kunden. Sie sind unsere wichtigsten Ratgeber. Wir erhalten viel Feedback – über Fragebögen, per E-Mail und per Post. Täglich erreichen uns handgeschriebene Briefe, die wir natürlich genauso individuell beantworten. Dieses Persönliche und die Liebe zum Detail schätzen unsere Gäste. Das zeichnet uns aus. Für uns ist dieser Kontakt enorm wichtig, denn er beweist, welch großes Vertrauen uns die Gäste entgegenbringen. Gefühlt haben uns die letzten Monate einander noch weiter nähergebracht. Obwohl wir sie zum größten Teil nicht persönlich an Bord begrüßen konnten, hatten wir durch die Situation bedingt einen beispiellosen gegenseitigen Austauschbedarf. Diesem Vertrauen fühlen wir uns verpflichtet. Wir sind besonders stolz auf die hohe Weiterempfehlungsrate unserer Gäste. Diese liegt aktuell bei deutlich über 90 Prozent und bestätigt, dass unsere Reisen auch unter den neuen Bedingungen weiterhin genussvoll bleiben.

Auf den Fahrplänen unserer kleinen Schiffe stehen Ziele im Mittelmeerraum sowie der Nord- und Ostsee. Neben dem Routing und den angelaufenen Häfen, die mitunter nur von kleinen Schiffen angelaufen werden können, dürfen sich die Gäste auf höchste Qualität im Service, vielfältige Kulinarik und ein modernes Sport- und Unterhaltungsangebot auf unseren Luxus- und Expeditionsschiffen freuen. Geplant ist außerdem, dass die Gäste bei Zodiacfahrten im Expeditionsstil die Ausflugsziele aus einer neuen Perspektive entdecken können.