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Im Gespräch mit Sven Ullrich

Im Gespräch mit Sven Ullrich, Global Head of Marketing, über Luxus, Trends und Inspration bei Dornbracht

1. Luxuskunden, Luxusmarken, Luxusverständnis – alles scheint in Bewegung. Wie sehen Sie die Entwicklung und die veränderten Anforderungen im Premium und Luxusgeschäft?

Sven Ullrich: Die Definition von Luxus hat sich in den letzten Jahren deutlich erweitert. Es geht nicht mehr allein um Besitz von einzigartigen, qualitativ hochwertigen Produkten. Vielmehr rücken immaterielle Werte in den Vordergrund: das Gefühl von Sinnhaftigkeit und Zugehörigkeit etwa, oder die sorgfältige Auswahl von Produkten und Erlebnissen als Ausdruck der eigenen Individualität. Dazu gehört auch die Qualifizierung von Zeit und der Fokus auf mein ganzheitliches körperliches, geistiges und seelisches Wohlbefinden – oder nennen wir es „happiness of life“.

Im internationalen Geschäft gilt es aber zu berücksichtigen, dass diese Transformation des Luxusbegriffs in unterschiedlicher Geschwindigkeit stattfindet und es deutliche kulturelle Unterschiede gibt. Deshalb – aber auch ganz generell – darf ein Premium-Produkt natürlich weiterhin keine Kompromisse eingehen. Materialität, Fertigungsqualität, Perfektion – es sind nach wie vor diese feinen Unterschiede, die anspruchsvolle Kunden sehen und fühlen und zu Recht von uns erwarten.

2. Sie gelten als ein, wenn nicht der Vorreiter des Trends zur Entwicklung von privaten Wohlfühl-Oasen. Warum ist das Thema Gesundheit so wichtig für Dornbracht?

Sven Ullrich: In einer Zeit, die wachsende Anforderungen an uns alle stellt, werden Rückzugsorte immer wichtiger. Oasen, an denen man den Stress des Alltags vorübergehend hinter sich lassen kann. Das Bad ist ein solcher Ort – aber wir glauben, dass es noch viel größeres Potenzial hat. Unsere Vision ist es, mit den richtigen Lösungen die Lebensenergie und Lebensfreude zu steigern. Dabei hat jedes Bad das Potenzial zum ganzheitlichen LifeSpa zu werden, einer persönlichen Wellness- und Gesundheitszentrale.

Wir sind überzeugt, dass neben gesunder Ernährung, regelmäßiger Bewegung und ausreichend Schlaf gezielte Wasseranwendungen einen wesentlichen Beitrag zu einer persönlichen Wellness- und Gesundheitsstrategie leisten können. Wasseranwendungen sind in vielen Kulturen seit Jahrhunderten erprobt und nachweislich wirksam. Sie lassen sich darüber hinaus sehr einfach in unseren Alltag integrieren und können positiv zu einem gesundheitsbewussten Lebensstil beitragen: von einfachen Treatments zum Energietanken oder Entspannen über die Linderung von Schmerzen und die Stärkung des Immunsystems bis hin zu multisensorischen Erlebnissen für Momente der Achtsamkeit und des Glücks.

In der Entwicklung der Wasseranwendungen und Lösungen arbeiten wir eng mit Wellness- und Gesundheitsexperten zusammen, unter anderem aus den Bereichen der Kneipp-Therapie und der Traditionellen Chinesischen Medizin (TCM). So haben wir zum Beispiel mit Dr. Christoph Stumpe vom Shen Men Institut die Methode der Akupressur in die Dusche gebracht.

3. Sie haben in den vergangenen Jahren viele Kultur- und Researchprojekte unterstützt. Was ist Ihre Motivation dazu und wie nutzen Sie diese Projekte ?

Sven Ullrich: Wer für die Zeit gestalten will, muss ihr gedanklich voraus sein. Vordenken ist daher ein ganz wichtiger Teil unserer DNA. Das beginnt mit dem kontinuierlichen Ausloten von Trends und Tendenzen in Architektur und Innenarchitektur. Vor allem aber führt es uns immer wieder zu der Fragestellung, wie sich unser Leben in den nächsten Jahren verändern wird – und welchen Einfluss das auf unsere Bedürfnisse in den Lebensräumen Bad und Küche haben wird.

Wir lassen uns dabei inspirieren von Künstlern, Philosophen, Architekten, Innenarchitekten und anderen Vordenkern. Seit den 90er Jahren unterstützen und initiieren wir im Rahmen der „Dornbracht Culture Projects“ ausgewählte Ausstellungen und Projekte. Die künstlerischen Arbeiten eröffnen einen neuen Blick auf die gesellschaftliche und kulturelle Bedeutung des Lebensraums Bad und der Rituale, die hier stattfinden. So konnten wir immer wieder Impulse setzen – für die eigene Produktentwicklung, aber auch für die gesamte Branche.

In unserem letzten Projekt während des Salone del Mobile in Mailand haben wir uns zum Beispiel dem Thema „Virtual Cleansing“ gewidmet. In einem experimentellen, laborähnlichen Aufbau haben wir uns gemeinsam mit Mike Meiré der Frage genähert, ob und wie virtuelle Realität unsere Begegnung mit Wasser zukünftig erweitern oder vielleicht sogar ersetzen könnte. Unser Ziel war es dabei nicht, unmittelbar die richtige Antwort zu finden oder kurzfristig kommunikative Reichweite zu erzielen. Vielmehr wollten wir Erfahrungen sammeln und einen Diskurs starten. So haben wir einen zukunftsweisenden Dialog mit anderen Experten und Vordenkern verschiedenster Disziplinen eröffnet, der wahnsinnig inspirierend ist.


4. Dornbracht ist überaus erfolgreich im internationalen Geschäft. In Deutschland, so sagt man, sind es in erster Linie die Eigenheimbesitzer, die in edle Armaturen investieren. Trifft das auch für die USA und Fernost zu oder liegen die Zielgruppen dort woanders?

Sven Ullrich: Deutschland ist sicherlich speziell, insbesondere aufgrund sehr starker Handelsstrukturen und sehr gut ausgebildeter Handwerker, die Eigenheimbesitzer qualifiziert und hochwertig beraten. In den USA zum Beispiel wird fast in jedem hochwertigen Projekt ein Interior Designer hinzugezogen. In China werden zurzeit noch sehr viele Projekte von kommerziellen Investoren entwickelt. Wir sehen aber, dass sich die lokale Architekturszene in China stark weiterentwickelt und Endkunden mehr und mehr Einfluss auf die Produktauswahl im Interieur nehmen. Dabei stehen europäische Luxusmarken natürlich hoch im Kurs. Unser Geschäft ist mittlerweile sehr international und was die kommunikativen Aufgaben angeht sehr divers. Global betrachtet stehen bei uns drei Zielgruppen im Fokus: Erstens, der Immobilienbesitzer, der sein Bad durch Handel und Handwerk bauen oder renovieren lässt. Zweitens, der Immobilienbesitzer, der mit einem Architekten und/oder Innenarchitekten sein Bad gestalten lässt. Und drittens, der kommerzielle Investor, der hochwertige Wohngebäude oder Hotels zum Verkauf oder zur Vermietung entwickelt.

5. Zuletzt eine private Frage: Architektur, Kunst, Fotographie – Kreativität wird aus vielen Quellen gespeist. Gibt es etwas, was Sie besonders inspiriert?

Sven Ullrich: Für mich ist die Welt voller Inspiration. Durch Reisen und den Austausch mit verschiedensten Menschen aus unterschiedlichen Kulturkreisen ziehe ich sicherlich die meiste Inspiration und Energie. Mich faszinieren Menschen, die etwas mit absoluter Leidenschaft und Begeisterung tun und ihre Leidenschaft und ihr Wissen teilen. Dabei ist es fast egal, was sie tun – ob sie Architekt sind oder Designer, Künstler, Massagetherapeut oder IT-Experte. Natürlich habe ich großes Glück, in meinem Job viele Kreative und Vordenker verschiedenster Bereiche zu treffen. Ich bin aber auch immer wieder begeistert von der Kreativität, die ich bei meinen Kindern entdecke. Kreativität und Neugier sind uns angeboren, wir müssen nur jeden Tag daran denken, mit offenen Augen durch die Welt zu gehen und eingetretene Pfade zu verlassen. Meine große Leidenschaft neben Job und Familie gilt dem Reisen und der Fotografie. So lassen sich immer wieder neue Perspektiven entdecken oder erzeugen.