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Zeitgemäße Interpretation

Wie es gelingt, Traditionsluxusmarken zu modernisieren, war das Thema des ‚Forum Luxus.Marke.Lebensstil‘ in Meißen. Die Chefs von MCM, 4711 und der Staatlichen Porzellan-Manufaktur Meissen sprachen über den Spagat zwischen Tradition und Moderne

Die Modernisierung von Traditionsluxusmarken stand im Mittelpunkt des ’13. Forums Luxus.Marke.Lebensstil‘ in der Staatlichen Porzellan-Manufaktur Meissen. Man hätte kaum einen passenderen Ort aussuchen können, befindet sich doch die 1710 gegründete Porzellan-Manufaktur mitten in der Neuausrichtung. »Meissen galt bei vielen Menschen als verstaubt und aus der Zeit gefallen«, sagt Geschäftsführer Georg Nussdorfer. »Vor zwei Jahren haben wir uns aber auf den Weg der Modernisierung gemacht und eine Zukunftsstrategie verabschiedet, um aus der Manufaktur ein wirtschaftlich nachhaltiges und selbsttragendes Unternehmen zu machen.«

‚Moderne Opulenz‘ mit Leben füllen

Die ersten Weichen sind gestellt. Das Markenbild soll unter dem Motto ‚Moderne Opulenz‘ in die Zukunft geführt werden. Dafür wurden unter anderem Jörg Ehrlich und Otto Drögsler, Designer des deutschen Labels Odeeh, als Kreativdirektoren engagiert, die seitdem für die visuelle Darstellung der Marke zuständig sind. Produkte wie die Kratervase sind neu interpretiert worden. Das 350.000 Euro teure Stück zeigt mehr als hundert Dekore, die in verschiedenen Maltechniken aufgetragen sind und alle Facetten der Meissener Kunstfertigkeit zeigen. Auch kooperierte man zum Beispiel mit der amerikanischen Skateboard- und Modemarke Supreme und entwarf eine Plastik in limitierter Auflage. Sie basiert auf einer Originalfigur aus dem Jahr 1880. Exklusiv für die Kooperation erhielt der Amor ein für die Lifestyle-Marke charakteristisches T-Shirt mit Supreme-Aufschrift. Die kleinen Engel waren in kürzester Zeit ausverkauft.
»Unsere größte Herausforderung ist es, die Relevanz wieder herzustellen«, sagt Nussdorfer. Dafür plant er weitere Kooperationen und exklusive Partnerschaften, die Erschließung neuer Vertriebskanäle, eine verstärkte VIP-Betreuung mit Veranstaltungen wie den Collector’s Day sowie limitierte Kollektionen und Produktneuentwicklungen. Es bleibt also spannend, wie das Unternehmen dabei das Thema ‚Modern Opulence‘ mit Leben füllen wird.

Jüngerer und sportlicherer Touch

Eine Marke, die auf dem Weg der Erneuerung bereits vorangeschritten ist, ist MCM. Das 1976 von Michael Cromer in München gegründete Luxus-Accessoires-Label gehört seit 2005 der koreanischen Businessfrau Sung-Joo Kim. 2017 holte sie Eric Erhardt als President EMEA an Bord, um die Markenpräsenz auszubauen. Auf dem ‚Forum Luxus.Marke.Lebensstil‘ berichtete der Unternehmenslenker, wie es gelungen ist, wieder jüngere Kunden für das Label zu begeistern.
»Frau Kim holte damals den Designer Michael Michalsky ins Unternehmen, um den Taschen einen jüngeren und sportlicheren Touch zu geben. Das hat gut funktioniert. Wir haben zum Beispiel den Rucksack in die Mode gebracht und ihn salonfähig gemacht«, sagt Erhardt. Fotos, auf denen Popstars wie Rihanna und Justin Bieber oder Fußballspieler wie Cristiano Ronaldo und Neymar Taschen und Rucksäcke mit MCM-Logo tragen, sind heute keine Seltenheit mehr. »Die Identifikation mit der Marke ist sehr wichtig. 80 Prozent unseres Umsatzes generieren wir mit Produkten, auf denen das MCM-Logo prominent platziert ist«, so Erhardt.

Neben dem Thema Design, für das seit 2018 Dirk Schönberger als Global Creative Officer verantwortlich ist, setzt das Unternehmen im Zuge der Modernisierung zudem stark auf die Kooperation mit Musikern wie der in Berlin lebenden DJane Peggy Gou oder dem südkoreanischen Sänger Rain. Auch Kooperationen sind wichtig. So hat man zum Beispiel 2018 anlässlich des 50-jährigen Jubiläums des Puma Suede Sneakers mit dem Sportartikelunternehmen eine Schuh- und Bekleidungslinie entwickelt – »ein voller Erfolg«, freut sich der EMEA-Präsident und gibt auch gleich die Marschrichtung für die Zukunft aus: »Wir wollen laut vor dem Mainstream herlaufen.« Ein Rezept, das aufzugehen scheint.


Mit Neuheiten punkten

An neuen Rezepten tüftelt man derzeit auch bei Mäurer & Wirtz, Inhaber der bekannten Marke 4711. »Die Marke stand früher für Schönheit, Weltoffenheit und die moderne Frau. Ab dem Ende der 1980er wurde aber nur noch kommuniziert, dass man ein Klassiker ist. Wichtige Anpassungen wurden verpasst«, sagt Steffen Seifarth, CEO von Mäurer & Wirtz.

Mit neuen Konzepten will der Manager nun neue und vor allem jüngere Konsumenten für die Marke gewinnen. Dafür wurde zum einen die Submarke Acqua Colonia lanciert. Bei den Düften steht die Cologne-Tradition der Marke im Fokus. 2019 wird die Range mit den Acqua-Colonia-Intense-Düften erweitert. Neben der Submarke gibt es zudem eine 4711-Remix-Cologne-Range. Nachdem 2018 die Variante ‚Orange‘ lanciert wurde, folgt 2019 ‚Lavendel‘. Passend zum Verkaufsstart der limitierten Remix-Edition startet eine Marketingkampagne. Zu sehen sind junge Menschen auf einem entspannten Roadtrip. Und auch die Klassikerlinie 4711 wird in diesem Jahr erstmals im Herbst um drei Duftvarianten (Rose, Jasmin, Flieder) erweitert, die im neuen Packaging auf den Markt kommen.
»Unsere Bemühungen tragen erste Früchte«, sagt Seifarth. »Mit unseren Produkten erreichen wir inzwischen Verwender ab 30 Jahren. Unser nächstes Projekt ist es jetzt, die Generation Z zu überzeugen.« Wie er das schaffen will? »Wir werden weiter nach Lösungen in der Vergangenheit suchen. Das heißt, wir schauen, wer wir sind und woher wir kommen – und suchen dafür neue, zeitgemäße Interpretationen.« Seifarth zeigt sich optimistisch, dass es gelingen wird, die Marke 4711 fit für die Zukunft zu machen. Genauso wie Nussdorfer und Erhardt setzt er dabei auf die Verbindung von Tradition und Moderne und einen Mix aus Rückbesinnung und Neuinterpretation.

Purpose als Treiber der Veränderung

Inwieweit die Konzepte der Unternehmen zur Modernisierung aufgehen, werden die kommenden Jahre zeigen. Eines ist jedenfalls klar: Um die Konsumenten von morgen zu überzeugen, müssen neue Ideen her. »Junge Konsumenten suchen Einzigartigkeit, nicht Handwerkskunst«, ist dabei Steven Cook, Head of User Experience von MetaDesign, überzeugt, der ebenfalls zu den Referenten des ‚Forum Luxus.Marke.Lebensstil‘ gehörte. Millennials für Luxusmarken zu begeistern, sei deshalb eine Herausforderung. »Ihnen ist Storytelling wichtig. Sie wollen Marken und Produkte, die anders sind, und suchen nach Purpose.«

Für Marken sei es deshalb wichtig, über das Produkt hinaus zu denken. Das, was man kommuniziere, müsse dabei aber immer mit den Erfahrungen übereinstimmen, die Kunden mit der Marke machen. Sein Rat: »Machen Sie es wie Walt Disney. Er kannte seine Zielgruppe. Alles, was er tat, tat er für sie – aus ihrer Perspektive. Das funktioniert.«

Autor: Vanessa Göbel, Chefredakteurin Red. markenartikel