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Haltung als Erfolgsfaktor

Gedanken von Christian Köhler, Hauptgeschäftsführer Markenverband e. V., zu Haltung, die heute mehr denn je nötig ist für eine erfolgreiche Zukunft von Marken.

Eine ständig wachsende Vielfalt von Produkt- und Serviceangeboten führt dazu, dass Kunden immer wieder neue Alternativen angeboten bekommen und sich daher auch die Frage nach Markenloyalität für jeden Kunden individuell immer wieder stellt. Differenzierung alleine über das Produkt genügt nicht mehr und es zeigt sich, dass neben der Vertrauensbeziehung ein Wertefit zwischen Kunde und Marke für den Erfolg einer Marke immer mehr entscheidend wird. In der Summe kann ein authentisches und überzeugendes Identifikationsangebot von der Marke kreiert werden.

Diese Kombination aus Vertrauensbildung und Werteorientierung gewinnt deshalb so an Bedeutung, weil zum Einen in der Gesellschaft sich viele Gemeinschaften über diesen Wertefit finden und bilden und zum anderen große übergreifende Gemeinschaftswerte durch die Individualisierung der Gesellschaft abnehmen. So haben unterschiedliche gesellschaftliche Gruppen unterschiedliche Wertesysteme mit differenzierender Priorisierung. Zu beachten gilt hier insbesodere, dass ehemals altruistische Motive an Bedeutung gewinnen, ohne dass die anderen Ich-bezogenen Motivatoren verschwinden. Dies betrifft gleichermassen Bereiche wie etwa den Umgang mit Ressourcen (nicht erst seit den Friday for Future–Aktionen), die Frage nach Produktionsbedingungen oder etwa Rohwarenherkunft, um nur einige zu benennen.

Marken müssen mit diesen Wertesystemen umgehen und sie aktiv in die Markenführung integrieren. Wo früher große gesellschaftlich übergreifende Grundwerte vorhanden waren, gibt es heute eine Vielzahl – und Marken müssen sich entscheiden, welchen Teil hiervon sie relevant und überzeugend vertreten wollen und können. Um also für den Wettbewerb gerüstet zu sein, reicht es nicht mehr alleine aus, ein Leistungsversprechen zu geben, welches differenziert. Sondern dieses muss ergänzt werden um ein Werteversprechen, damit die Marke auch in Zukunft noch glaubhaft ist. Über diese Klarheit gelingt es dann, Wertegemeinschaften zu bilden.

Das wohl prominenteste Beispiel ist die Colin Kaepernick-Kampagne von Nike aus dem Jahr 2018. Um gegen Polizeigewalt gegen US People of Color (PoC) zu protestieren, kniete der NFL Athlet während der Nationalhymne anstelle, wie üblich, aufrecht zu stehen. Der riesige Sturm der Entrüstung hielt Nike nicht davon ab, Colin Kaepernick zu seinem Werbeträger zu machen und damit an das Bewusstsein seiner Kunden für mehr Gleichheit und Gerechtigkeit zu appellieren. Der Umsatz von Nike legte im Übrigen in den Jahren von 2017 auf 2018 von € 28,7 Mrd. auf € 31,8 Mrd. zu.

Es muss natürlich nicht immer die „ganz große Geste“ sein. Shoemates beispielsweise stellt nicht einfach nur Schuhe her. Sie verfolgen mit dem Vertrieb ein Ziel: Bei jedem verkauften Paar, spenden sie ein Paar Schuhe an Schulkinder bis 15 Jahren in Afghanistan, die nicht die finanziellen Mittel dafür haben. Oder aber Patagonia: Sie haben sich auf die Fahne geschrieben, die beste Outdoor-Kleidung der Welt zu machen und dabei die Umwelt so wenig wie möglich zu belasten – klare Ansage, klarer gesellschaftlicher Nutzen. Interessant auch Dedon, dessen Gründer Bobby Dekeyser auf der philippinischen Insel Cebu, wo sie auch produzieren, das Umsiedlungsprojekt Compostela ins Leben rief, um Lebensumstände von Familien mit Kindern zu verbessern, die seit Generationen auf den Müllhalden von Cebu leben.

Eine solche klare Haltung und entsprechende Werteversprechen stärken das Vertrauen in Marken und geben ihnen den von ihren Käufern erwarteten Sinn und Mehrwert. Sie stärken die Marken in ihrem Kampf gegen No-Names und Eigenmarken des Handels, deren Fokus in erster Linie auf dem Preis liegt.

Dem Schutz von Klima und Umwelt, eines der wohl häufigst diskutierten Themen unserer Tage, kommt bei der Haltung von Marken sicherlich ein besonderer Fokus zu. Ohne Zweifel lässt sich sagen, dass es insbesondere die Markenunternehmen sind, die hier einer Vorbildfunktion gerecht werden. In aller Regel arbeiten sie auf der Grundlage von Konzepten, die auf freiwilliger Basis soziale und ökologische Belange in ihre Unternehmenstätigkeit und in die Wechselbeziehungen mit den Stakeholdern integrieren. Damit stellen sich Unternehmer der Verantwortung gegenüber Kunden, Partnern, Konsumenten und der gesellschaftlichen Öffentlichkeit. Für starke Marken ist die Symbiose zwischen Unternehmen und Gesellschaft unlösbar, ein ethisches Bewusstsein unverzichtbar. Der vom Markenverband entwickelte Code of-Conduct für CSR unterstützt das freiwillige, gesellschaftliche und ökologische Engagement von Unternehmen.

Solch eine Markenführung setzt voraus, dass die Markenverantwortlichen ein tiefes Verständnis der Markenwerte und -persönlichkeit besitzen. Die Marke kann nicht im Strom der Meinungen mitschwimmen, weil sie Charakter bzw. aus der ursprünglich griechischen Bedeutung abgeleitet, Prägung zeigt. Damit Marken prägen können, brauchen sie den Mut zum Unterschied und zu einer Haltung.

Autor: Christian Köhler, Hauptgeschäftsführer Markenverband e. V.