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Der „Collector“: Eine ganz spezielle Zielgruppe von Luxusmarken

Die Menschen finden immer weniger Gefallen daran, Gruppen anzugehören, die sich nach sozio-demographischen oder milieu-orientierten Zuordnungen festmachen zu lassen. Mit Blick auf das Luxussegment betrachtet Christian Köhler, Hauptgeschäftsführer des Markenverbandes, die hoch individualisierte Interessensgemeinschaft der privaten Sammler.

Wie wir aus den Gesprächen mit unseren Mitgliedern wissen, ist das Thema der „Zielgruppe“, sprich des Kunden, ein Thema, das heute mehr denn je alle bewegt. Dabei haben Alter, Beruf, Ausbildung, Geschlecht u.ä. als wichtige Zuordnungsfaktoren aus der Vergangenheit für die Zukunft an Bedeutung verloren. Da ein selbstbestimmtes, in hohem Maße individualisiertes Leben unterschiedliche Wertvorstellungen, Lebensstile und Mechanismen bei der Erfüllung von Wünschen und Bedürfnissen nach sich zieht, gehören auch sogenannte „Milieu-Klassifikationen“ wie Credit Junkies, DINKS oder Grumpies mehr oder weniger dem Gestern an – und dies umso mehr, wenn wir uns im Luxussegment bewegen.

Statt vielfältigster Zielgruppen und -grüppchen kennt die Wissensgesellschaft bei Luxus und Lifestyle künftig nur eine große Zielgruppe mit größter Heterogenität: Die Gesellschaft der Individualisten. Selbstverständlich können auch sie sich zu offenen Interessengemeinden zusammen finden, mit den herkömmlichen Zielgruppen haben sie allerdings nur noch wenig gemeinsam.

Solch eine Interessensgemeinschaft ist auch der „Collector“ oder, nicht weniger respektvoll, der Sammler. Ist der „Collector/Sammler“ jemand, der über Jahre oder Jahrzehnte hinweg persönlichen Vorlieben folgt, der lernen möchte, der sich Passionen verschreibt, aus denen sich schließlich Sammlungen ergeben oder sich soziale Prägungen entwickeln? So facettenreich die Präferenzen sind – von Kunst und Wein über Autos, Uhren, Porzellan bis hin zu Schallplatten, Spielzeug und Briefmarken, um nur einige wenige zu nennen – so unterschiedlich sind auch die Motive und Beweggründe. Ohne den Anspruch auf wissenschaftliche Expertise erheben zu wollen, haben wir uns beim Markenverband den „Sammler“ mal ein wenig genauer angesehen und im Wesentlichen drei Typen gefunden.

Da ist zunächst der, nennen wir ihn, Connaisseur, der sich durch jahrelange Erfahrung und besondere Hingabe beste Kennerschaft in einem bestimmten Bereich erworben hat. Der Connaisseur hat in der Regel ein ausgeprägt spezielles Interesse. Er strebt beim Kauf nach exklusiven und limitierten Stücken, wobei er seine Kaufentscheidung je nach seinem persönlichen Geschmack, seiner Emotionalität oder seinem Interesse trifft. Seine Sammlung hat für ihn einen hohen ideellen Wert, der nur schwer oder kaum ersetzbar ist. So ist einem hartgesottenen Fan die Erstausgabe des Superman-Comics aus dem Jahr 1938 vor einigen Wochen rund 1 Mio. US Dollar wert gewesen und eine Erstausgabe von Wilhelm Buschs „Max und Moritz“ wird von einem deutschen Händler für immerhin € 35.000 angeboten.

Einen großen Teil der Sammler wird man wahrscheinlich der zweiten Gruppe zuordnen, die wir als interessierte Hobby-Sammler bezeichnen können. Der Hobby-Sammler sammelt aus Freude und Leidenschaft. Er beginnt oftmals im etwas niedrigeren Preissegment (z.B. Wein, Uhren) und entwickelt im Laufe der Zeit ein Empfinden für Qualität, Exklusivität und das Besondere. Das Sammeln ist für ihn im Übrigen keine Frage des Prestiges oder einer sozialen Abgrenzung, sondern vielmehr die tägliche Freude an optischen Highlights oder die Erfüllung eines ganz besonders ausgeprägten ästhetischen Gefühls. Je nach seinen Möglichkeiten kann sich der Hobby-Sammler selbstverständlich auch zum professionellen Sammler entwickeln. Anders als der Connaisseur strebt er meist über Jahrzehnte, teilweise auch über seine gesamte Lebenszeit, eine Sammlung mit Vollständigkeitscharakter an.

Die dritte Gruppe bilden die gewinnorientierten Sammler. Für sie sind Sammelobjekte im wesentlichen eine Kapitalanlage – mit der Konsequenz von Spekulation und Investition in Objekte und ihre Entwicklung.

Gleichgültig, welcher Gruppe ein Sammler sich zugehörig fühlt: Allen Profilen ist gemeinsam, dass am Anfang häufig ein Zufall stand und ein Sammler meist sein Leben lang bei seiner Sammeltätigkeit bleibt.

Auch bei der Gruppe der „Sammler/Collector“ zeigt sich, dass das Entstehen der Wissensgesellschaft herkömmliches Gruppendenken über den Haufen geworfen hat, weil die Menschen immer weniger Gefallen daran finden, Gruppen anzugehören, die sich nach sozio-demographischen oder milieu-orientierten Zuordnungen festmachen zu lassen. Man betrachte beispielsweise nur einmal die hohe Zahl von Luxusautos, die sich vor einem Discounter beobachten lassen. Von daher ist es besonders wichtig, die Motivstrukturen jedes einzelnen „Sammler/Collector“ zu ergründen, um mit diesen Wissen in der Lage zu sein, die Markenverbindung aufzubauen und zu stärken. Die Marktforschung, als vorweggenommener Dialog mit potenziellen Kunden, kann im Übrigen eine Hilfestellung bei der Ermittlung von Bedarf und Bedürfnissen geben. Bedeutsam ist dann die Umsetzung dieses Wissens in zielgenaue Dienstleistungen und Produktangebote.

Die Gestaltung des Angebotes, gerade im Luxussegment, muss mehr denn je wirklich Originäres hervorbringen, das für sich in der Lage ist, mit Hilfe der Marke Käufer zu erreichen. Die Manufaktur für kleine Serien und Auflagen erlebt eine Renaissance, der Wunsch nach Autos, keineswegs nur nach Luxuskarossen, die in eben solchen Manufakturen hergestellt werden, Schuhe und Anzüge, die wieder nach Maß gefertigt werden, der spezielle Jahrgangschampagner oder auf einem bestimmten Gut angebauter Wein, Massentourismus, der dem Wunsch nach individuell geplanten Urlaubsreisen weicht und viele Beispiele mehr, zeigen eindrucksvoll den Wandel auf.

Diesen Wandel zu verstehen, die Bedürfnisse des „Sammlers/Collectors“ zu durchdringen, mit Angeboten diesen zu begeistern und so die Markenverbindung herzustellen oder bereits vorhandene Bande zu stärken – das ist das Faszinierende an und aus diesem Wandel. So eröffnen sich völlig neue Möglichkeiten, den Wettbewerb um jeden einzelnen „Sammler/Collector“ zu bestreiten und zu gewinnen.

Autor: Christian Köhler, Hauptgeschäftsführer Markenverband e. V.