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Markenführung in Zeiten der Digitalisierung

Die Digitalisierung ist ein Umbruch von bedeutendem Ausmaß für die Gesellschaft und den Menschen. Umso wichtiger wird es künftig sein, der Markenführung besondere Aufmerksamkeit zu widmen.

Die Erfindung des Buchdrucks, die kopernikanische Wende, die industrielle Revolution oder auch die ersten Ansätze im Mittelalter in Europa, Produkten durch Markierung ein individuelles Profil, ein Unterscheidungs- und Wiedererkennungsmerkmal oder auch ein Qualitätssignal zu geben: All das sind Erweiterungen des menschlichen Erkenntnishorizonts, die geschichtlich, wirtschaftlich und auch gesellschaftlich vieles verändert haben.

Der aktuelle und wohl noch viel bedeutendere Umbruch ist die Digitalisierung. Bedeutend vor allem deshalb, weil dieser Umbruch uns alle unmittelbar betrifft: die Gesellschaft im Gesamten und den einzelnen Menschen. Neuesten Untersuchungen zufolge zum Beispiel gehen Experten heute davon aus, dass weltweit schon 2020 die Hälfte der Online-Suchanfragen per Sprache erfolgen wird und allein in Deutschland 13 Prozent der Konsumausgaben screenless über Sprachassistenten wie Siri, Alexa, Apple HomePod und ähnliche getätigt werden.

Wir beim Markenverband setzen uns in diesem Zusammenhang natürlich auch mit der Frage auseinander, wie sich all diese Veränderungen auf den Menschen und damit auf den Verbraucher und sein Verhältnis zu Marken auswirken. Alle Anzeichen weisen im Moment für uns darauf hin, dass der Mensch auch in Zeiten der Digitalisierung soziabel bleibt und bereit ist, Vertrauen zu schenken, wenn die Voraussetzungen gegeben sind. Wir sind der festen Überzeugung, dass er sich die Fähigkeit erhalten wird, loyal und offen zu sein. Dabei wird er verstärkt unter Beweis stellen, dass er sich nicht zum Sklaven von Maschinen macht, sondern sich zu behaupten weiß und seine (Kauf-) Entscheidungen auch in Zukunft bewusst und unter Einbeziehung von Faktoren wie Vertrauenswürdigkeit und Image der Marke, Positionierung im Markt, soziales Verantwortungsbewusstsein der Unternehmen, Innovation und vieler weiterer Kriterien treffen wird – das Leistungsversprechen wird also viel umfassender definiert als Qualität – diese wird eher als „gesetzt“ angenommen.

Wir hören aus den Gesprächen mit unseren Mitgliedern allerdings auch, dass die digitalisierte Welt den Kunden aufgrund der Folgen, die die rasante Entwicklung der Informationstechnologie mit sich bringt, fragender, vorsichtiger, bedächtiger und gewiss auch zweifelnder und sensibler der Umwelt gegenüber macht.

Wir haben also allen Grund dazu, darüber nachzudenken und Lösungsansätze zu entwickeln, wie wir das Verhältnis zwischen Kunden und Unternehmen, zwischen Kunden und Marken in der veränderten Welt gestalten, damit es auch in Zukunft von Vertrauen und Loyalität getragen wird. Denn die digitale Vernetzung der Menschen hat zur Folge, dass gewachsene Bindungen zwischen Unternehmen und Menschen Gefahr laufen, sich aufzulösen. Man denke nur daran, welche Auswirkungen es hat, wenn der Kühlschrank über Sprachassistenten wie Alexa, Google oder Cortana und deren Markenauswahl im Angebot gefüllt oder die Pizza über Angebotsvorschläge von Siri oder Bixby bestellt werden.

Wir müssen uns auch darauf einstellen, dass Kunden heutzutage ihr Verhältnis zu Unternehmen und Marken kritischer überprüfen als das in der Vergangenheit der Fall war, für Neues aufgeschlossener sind und Beziehungen schneller auflösen oder wechseln. Es geht in Zukunft daher umso mehr darum, das „Fine Tuning“ in den Verbraucherbeziehungen in den Fokus zu stellen, Loyalität zu leben und diese gelebte Beziehung zwischen Verbrauchern und Unternehmen bzw. Marken in den Vordergrund zu stellen.

Damit diese Beziehungen zu den Verbrauchern auch in Zukunft direkt von den Marken geprägt werden können, achtet der Markenverband mit seinem Engagement im politischen Raum darauf, dass die Beziehung zwischen Unternehmen und Verbrauchern weder durch Kommunikationsverbote für Produkte und Marken noch durch Überregulierung verhindert wird. Und im Rahmen von Weiterbildungsveranstaltungen, wie der Markenakademie, vermitteln wir den Young Talents, dass bei aller Technik der Mensch mit seinen Wünschen und Bedürfnissen und seine Beziehung zur Marke im Mittelpunkt stehen müssen.

Denn auch im digitalen Zeitalter kann Markenführung nur dann erfolgreich sein, wenn Marken den Menschen und seine Welt verstehen und mit seinem Einverständnis in ihr einen Platz finden.

Autor: Christian Köhler, Hauptgeschäftsführer des Markenverband e.V.