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Echt oder gefälscht ? – Markenpiraterie im Internet

Christian Köhler, Hauptgeschäftsführer des Markenverbandes, fordert:
Es braucht proaktive Maßnahmen, um den illegalen Onlinehandel mit Fälschungen einzudämmen – Freiwilligkeit alleine reicht nicht aus.

Ohne Zweifel: Onlineshopping ist bequem und praktisch – dem damit verbundenen Phänomen der Onlinefälschungsverkäufe sind Verbraucher und Hersteller nahezu schutzlos ausgeliefert. Oft sind es kleine dubiose Internethändler, die gefälschte Ware in Umlauf bringen und manchmal gut gemachte Portale, die auf den ersten Blick wie Hersteller-Shops aussehen. Dass man allerdings auch bei den großen Onlinemarktplätzen nicht immer das bekommt, wofür man bezahlt, zeigen Testkäufe, die wir Ende letzten Jahres bei Deutschlands größtem Onlineauktionshaus und Onlinemarktplatz durchgeführt haben.

Dabei haben wir uns wie preisbewusste Onlinekäufer verhalten und beispielsweise über die Suchmaschine eines Onlineauktionshauses mit den Kriterien des niedrigsten Preises und neuer Ware nach Polo-Shirts einer bestimmten Marke aus dem Luxussegment gesucht. Danach wurden die ersten zehn vorgeschlagenen Angebote bestellt. Das Ergebnis ist ebenso erschreckend wie beängstigend: Alle bestellten Produkte wurden vom Hersteller des Originals als Fälschung enttarnt.

Obwohl die Untersuchung nicht den Anspruch erhebt, repräsentativ zu sein, so zeigt sie doch in aller Deutlichkeit: Preisbewusste Verbraucher laufen Gefahr, auf Onlinemarktplätzen regelmäßig betrogen zu werden, indem ihnen Fälschungen untergeschoben werden. Der Verkauf von Fälschungen im Internet ist ein Massenphänomen, das den Premium-/Luxusbereich ganz besonders betrifft und von kriminellen Banden organisiert wird. Besonders alarmierend ist dabei, dass der Verkauf von Fälschungen beim Vertrieb über das Internet für kriminelle Händler einfach und gleichermaßen nahezu risikolos ist.

Die erfolgreiche Bekämpfung von Produkt- und Markenpiraterie ist schon seit vielen Jahren ein Schwerpunktthema der Arbeit des Markenverbandes. Obwohl das materielle Schutzrecht in Deutschland und Europa gut ist und, nicht zuletzt dank unseres Einsatzes, Ansprüche und Strafen gegen die Verletzer gewerblicher Schutzrechte sich in den letzten Jahren erheblich verbessert haben, herrscht zwischen den organisierten Kriminellen, die sich die bewusste Verletzung von Marken zum Ziel gesetzt haben, und den Rechteinhabern, Zollbehörden und geschädigten Verbrauchern längst noch keine Waffengleichheit.

Es gibt dringenden Handlungsbedarf.

Im Wesentlichen geht es um die Verantwortlichkeit der Onlineanbieter. Diese muss in Zukunft erheblich schärfer gefasst werden. Um den Onlinevertrieb für Produkt- und Markenpiraten unattraktiv zu machen, könnten die Betreiber beispielsweise problemlos per Software eine Vielzahl von Fälschungen herausfiltern. Technische Lösungen dafür gibt es bereits. Und obwohl die großen Händler und Marktplätze Fortschritte bei der Bekämpfung von Fälschungen erzielen, zeigen unsere Testkäufe, dass sie sich dennoch vielfach mit dem Verweis auf bestehende Internetprivilegien ihrer Verantwortung entziehen, sich umfassend für vorbeugende Maßnahmen gegen Produkt- und Markenfälschungen zu engagieren.

Ein erster Schritt in die richtige Richtung wurde bereits vor einigen Jahren in Frankreich erzielt. Dort sprach ein Gerichtsurteil Hermès € 20.000 Schadensersatz zu, weil bei eBay zwei gefälschte Handtaschen der Luxusmarke angeboten wurden. Wie die Hermès Anwälte wissen ließen, sei dies ein Meilenstein, da eBay nun als Fälscher und nicht nur Komplize anzusehen sei.

Rechtsprechung ist aber nicht die Lösung. Entscheidend ist die Politik: Die europäische Kommission ist gefordert, endlich die Haftungsprivilegien der Internethandelsplattformen neu zu regeln und Verkehrssicherungspflichten für Verkaufsplattformen neu einzuführen. Damit kann die Kommission die Scheunentore für Fälschungsverkäufe im Internet schließen und den digitalen Marktplatz für den Verbraucher sicherer machen.

Die verbindliche Einführung von Maßnahmen, mit denen die Onlinemarktplätze die Rückverfolgbarkeit von Verkäufern sicherstellen und verhindern, dass gefälschte Waren beworben und vertrieben werden, wäre ein wesentlicher Schritt. Doch leider muss konstatiert werden, dass die EU-Kommission auf diesem Auge blind ist und auf freiwillige Maßnahmen setzt, die schon heute keine ausreichende Wirkung zeigen.

Den Markenherstellern und damit Innovationsträgern drohen allerdings nicht nur von Produkt- und Markenpiraten Gefahr. Durch eine immer liberalere Rechtsprechung zum Schutz vor Me-too oder Look-alikes wird der ehemals wirksame Schutz von Innovationsträgern vor wettbewerbswidriger Trittbrettfahrerei immer geringer.

Wie die Klagen von Gucci und Adidas zeigen, gestaltet es sich langwierig und schwierig, eine Verurteilung gegen solche Wettbewerber zu erzielen, die „Ausstattungsmerkmale“ gezielt kopieren, um sich als Me-too oder Look–alike an den Markenerfolg eines Innovators anzuhängen. Dies ist nicht weniger bedrohlich und der Markenverband wird sich auch künftig mit ganzer Kraft dafür einsetzen, dass die Kraft der Marke auch im ordnungspolitischen Rahmen ihren Platz findet und sie ihre positive Wirkung entfalten kann – zum Vorteil ihrer „Schöpfer“ und der Kunden.