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Mit Liebe zum Detail

Der Luxusmarkt steht weltweit vor großen Herausforderungen, und umso wichtiger ist, dass sich die Hersteller nicht auf dem Erreichten ausruhen, sondern sich Strategien überlegen, wie sie die bestehenden Kunden auch in Zeiten der Digitalisierung halten und zudem junge Käufer überzeugen.

Vanessa Göbel berichtet vom diesjährigen Forum Luxus.Marke.Lebensstil.

Der weltweite Markt für Luxusgüter wächst – allein im vergangenen Jahr um vier Prozent auf 1,08 Billionen Euro. Geiz ist nicht mehr geil, so scheint es. Shopping-Lust statt Shopping-Frust. Allerdings können nicht alle Kategorien Zuwächse verbuchen. Während es für Luxusautos, Kreuzfahrten, hochwertige Lebensmittel, Wein und Spirituosen bergauf geht, stagniert der Verkauf von Luxusprodukten für den persönlichen Gebrauch wie Lederwaren, Mode, Schmuck, Uhren, Parfüm und Kosmetik, wie die Studie „Worldwide Luxury Market Monitor“ zeigt, die die Managementberatung Bain & Company gemeinsam mit dem italienischen Verband der Luxusgüterhersteller Fondazione Altagamma zweimal pro Jahr veröffentlicht.

 

Luxusmarkt im Umbruch

 

Der Luxusmarkt steht weltweit vor großen Herausforderungen, und umso wichtiger ist, dass sich die Hersteller nicht auf dem Erreichten ausruhen, sondern sich Strategien überlegen, wie sie die bestehenden Kunden auch in Zeiten der Digitalisierung halten und zudem junge Käufer überzeugen. Darum ging es am 15. November beim Forum Luxus.Marke.Lebensstil des Markenverbandes in München. Denn auch wenn Qualität, Wert, Exklusivität und Einzigartigkeit weiter die zentralen Erwartungen sind, die Luxuskunden mit ihren favorisierten Marken verbinden, zeigt die Erfahrung der Mitglieder des Markenverbandes, dass sich die Lebenswelten der Menschen, ihre Konsumgewohnheiten und ihr Mediennutzungsverhalten immer mehr ändern.

 

So verlangen die Verbraucher zum Beispiel zunehmend nach Produkten, die sich ihren individuellen Bedürfnissen anpassen und ihnen helfen, sich von der Masse abzuheben. Gleichzeitig gewinnt der E-Commerce bei Luxusgütern deutlich an Relevanz. Der Umsatz über das Web steigt. So prognostizieren etwa die Berater von EY, dass der Online-Luxusmarkt bis zum Jahr 2018 auf knapp 20 Milliarden Euro weltweit ansteigen wird. Dazu passt, dass zwar die überwiegende Mehrzahl (84 %) der für die Digital-Luxury-Studie Befragten angibt, dass das Fachgeschäft, die Boutique oder der Markenstore ihre vorrangige Einkaufsstätte ist, die Hälfte der Luxuskäufer (50 %) jedoch angibt, bereits in einem Online-Markenshop gekauft zu haben. Weit über die Hälfte (64 %) erwartet deshalb auch, dass die von ihnen favorisierten Marken einen eigenen Web-Shop anbieten.

 

 

Touchpoints orchestrieren

 

Vor allem die jüngeren Shopper zieht es zunehmend ins Web – die Mehrheit davon, weil sie sich am POS nicht wohlfühlen, wie Thomas Sudholt, Director Research bei Havas Media Germany auf dem Forum Luxus.Marke.Lebensstil betonte. Er sprach darüber, wie sich die Customer Journey verändert habe, und wies vor allem darauf hin, dass die Konsumenten heute ein tieferes Markenwissen hätten als früher. Eine aktive Steuerung aller Kontaktpunkte sei deshalb auch für Luxusmarken unerlässlich. „Das richtige Orchester an Touchpoints ist wichtig“, sagte Sudholt.

Für Babyboomer, Generation X und Millennials seien dabei im Kaufentscheidungsprozess insbesondere das Erlebnis in der Boutique, das Schaufenster und die Marken-Website relevant. Die Meinung von Freunden zähle zudem vor allem bei den Millennials. Für sie seien Freunde und Bekannte glaubwürdige Informationsquellen. Gerade die Rolle der Social Networks sei deshalb nicht zu unterschätzen. Luxusprodukte mit einer Geschichte würden von der Zielgruppe der zwischen 1980 und 1999 Geborenen klar bevorzugt. „Die Story ist wichtiger als der Markenname“, erklärte Sudholt.

 

Digitalisierung des Marketings

 

Ronald Focken, Geschäftsführer Serviceplan, sprach in seinem Vortrag ebenfalls über die Beziehung von Luxuskunden und ihren Marken. Sein Fokus lag dabei auf der Digitalisierung und deren Auswirkung auf die Kommunikation. Für das Marketing bedeuten die Veränderungen laut dem Agenturmanager, dass durch die digitalen Möglichkeiten der Individualismus gefördert werde. Werbung müsse deshalb mehr denn je unterhalten. Beim Konsum gehe es künftig weniger um Besitz, sondern um Zugang und Mitgestaltung. Der Konsument werde zum Prosument. Dabei werde das Smartphone zum integrierten Bestandteil sämtlicher Lebensaspekte. „Gewinnen wird, wer omnichannel effizient vernetzt“, so der Agenturmanager. „Digitale und analoge Prozesse müssen miteinander verschmelzen.“

 

Die neuen Technologien allein werden dabei nicht reichen, um künftig erfolgreich zu sein, betonte Dr. Stephan W. Schusser, Geschäftsführer Keylens. Kundenbegeisterung sei ein wichtiges Schlagwort. „Sie müssen sich fragen, wie Sie begeisternde Markenerlebnisse an allen Kundenkontaktpunkten schaffen können“, riet er den Teilnehmern der Veranstaltung. Luxusmarken müssten sich bewusst machen, wie viele Kontaktpunkte die Kunden mit der Marke überhaupt hätten und welche Attribute man dort vermittle. Hier sieht Schusser bei vielen Playern noch Nachholbedarf. „Attention to detail – das ist ganz wichtig“, sagte er.

 

Deshalb gelte es, über Abteilungsgrenzen hinweg vom Kunden her zu denken. „Nur das Zusammenspiel aller Kundenkontaktpunkte schafft nachhaltige und differenzierende Kundenbegeisterung.“ Dafür müsse man Standards definieren, die weltweit gelten. Nur dann könne man überall ein vergleichbares Erlebnis bieten. Dass Implementierung nicht ganz einfach sei, daran ließ der Berater keinen Zweifel und riet, eine eigene Abteilung mit klaren Verantwortlichkeiten für Customer Experience Management zu gründen. „Es gilt, Kundenbegeisterung in klare Strukturen zu überführen.“

Bedürfnisse der Kunden im Fokus

 

Die Luxusartikelhersteller müssen also ihre Geschäftsmodelle an die neue Zeit anpassen. Echte Handwerkskunst, technische Raffinesse und herausragendes Design bleiben dabei zwar zentrale Erfolgsfaktoren, Wachstum ist aber kein Automatismus mehr. Omnichannel ist auch für Luxusmarken ein Muss. Dabei ist es wichtig, dass an allen Touchpoints die Bedürfnisse der Kunden im Fokus stehen. „Neben Optik, Haptik und Emotion wird vor allem die Funktionalität in Zukunft wieder mehr in den Vordergrund treten“, meint Daniel Barth, Geschäftsführer der Margarete Steiff GmbH und Teilnehmer des Forum Luxus.Marke.Lebensstil in München. Thomas C. Schnitzler, Inhaber der Nobilis Group und ebenfalls Teilnehmer des Events, ergänzt: „Der Luxuskonsument will Authentizität und Nachhaltigkeit. Er sucht nach ehrlichen Geschichten, er liebt die Heritage einer Marke und ihre Wertvorstellungen. Er schätzt ihre Expertise und meisterliche Handwerkskunst. Er will sich mit der Marke schmücken und will stolz sein, diese zu besitzen.“

 

In Zukunft werde es aber sicher eine allgemeine Marktbereinigung geben, meint Schnitzler. Denn nicht alles, das sich heute als Luxusgut darstelle, sei wahrer Luxus. „In dieser immer schneller werdenden Welt schießen viele sogenannte neue Luxusmarken aus dem Boden – mit dem einzigen Ziel, viel und schnell zu verkaufen. Das verunsichert den Konsumenten“, so der Unternehmensgründer. Für die Zukunft ist er dennoch optimistisch. „Der Konsument, der wahren Luxus sucht, ist meines Erachtens letztendlich sehr gut informiert und sucht nach dem ultimativen Hafen in Sachen Qualität sowie den dazugehörigen bedeutenden und essenziellen Werten seiner begehrten Luxusmarke.“ Sein Lieblingszitat dazu laute: „Die Erinnerung an erstklassige Qualität hält länger als die Erinnerung an einen niedrigen Preis.“

 

Influencer: passende Partner finden

 

Eines der Topthemen im Marketing sind derzeit sogenannte Influencer. Sie inszenieren Marken und Produkte in sozialen Netzwerken und entzücken mit den Bildern von Kleidung, Schminkutensilien, Accessoires & Co. ihre Fans. Besonders für die junge Generation sind sie damit heute oft ein wichtiger Impulsgeber bei Kaufentscheidungen. Auch deshalb werden die digitalen Vorbilder für Luxusmarken zunehmend zu interessanten Partnern und in die Marketingstrategie eingebunden. Chanel, Cartier oder Moët sind nur einige Namen, die bereits mit Influencern gearbeitet haben. Glaubwürdigkeit ist bei den Kooperationen dabei ein wichtiges Stichwort. „Die Zusammenarbeit sollte sehr eng, aber maximal frei sein“, sagt zum Beispiel Kathrin Bierling, Geschäftsführerin des Mode-Blogs „Modepilot“ und Referentin beim Forum Luxus.Marke.Lebensstil. Man dürfe die Leser nicht „verarschen“. Unabhängigkeit und Authentizität seien wichtig. Genauso wie der Blogger Dennis Mitchell Sialkowski rät sie, bei der Partnerwahl genau hinzuschauen. „Die Persönlichkeit muss zur Marke passen“, sind sich beide einig.